Werbung: Für ein besseres Image der Werbebrache

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Er hat´s schon wieder getan. Amir Kassaei das Enfant Terrible unserer Branche hat mal wieder in einem Interview im SZ-Magazin (Ausgabe 11/2013) über die eigene Branche hergezogen. Wie schlecht doch das Image der Werbungbranche ist und wie toll er doch ist. Das Ganze wird dann noch mit den Aussagen aus der WuV unterstrichen, in denen er sagt:

“ Viele, die nie etwas gerissen hätten, seien irgendwie in der Werbung gelandet und hätten dort einigermaßen Karriere gemacht: „Entsprechend gering ist die intellektuelle Substanz in den Agenturen“, meint Kassaeider für seine markigen Aussagen bekannt ist: „Die richtig hellen Köpfe gehen heute nicht mehr in die Werbung.“

Auf die Frage „Wie deformiert Werbung den Werber?“ antwortet der gebürtige Iraner in dem Interview: „Sie kriegen ein sehr, sehr aufgeblähtes Ego.“ Ihn motiviere es sehr, wenn Leute ihm Böses wollten: „Dass ich es vom kloputzenden Asylanten zum Kreativchef von DDB gebracht habe, zeigt vielen in der Branche, wie wenig sie zustande gebracht haben.“

(Quelle: WuV – Online 15.03.2013)

Aber im gleichen Atemzug über den Mangel an qualifiziertem Nachwuchs in unserer Branche beschweren? Nach solchen Aussagen, von einem der „besten Köpfe“ unserer Branche, kann einem schlecht werden. Er will provozieren…gut, das hat er geschafft…was tut er dagegen: Nichts, was ich aus der Presse entnehmen könnte.

Einer meiner ehemaligen Chefs hat mir, nachdem ich immer und immer wieder zu ihm gekommen bin um mein Leid zu klagen, gesagt: „Christian, du kannst mit jedem Problem zu mir kommen, so lange du auch immer eine Idee mitbringst, wie du das Problem lösen willst.“

Und diesen Satz möchte ich einmal den Herren Geschäftsführern entgegnen, die sich in den einschlägigen Onlineportalen von Horizont und WuV über den fehlenden Nachwuchs und das schlechte Image auslassen. Mirko Kamminski hat zumindest mal einen kleinen (PR-wirksamen) versuch unternommen mit seiner „Neues vom Regal“-Youtube Session. Auch wenn er das aller Wahrscheinlichkeit nach hauptsächlich der Promotion seiner Agentur tut. Aber gibt seiner Agentur ein Gesicht…er ist der Chef von dem Laden…und er spricht über alltägliches und Werbe-/Agenturbezogenes. Ich mag das, auch (und vor allem) weil er auch Themen angesprochen hat, die sonst kaum einer seiner Chef-Kollegen tut. Ok, sein letztes Video mit dem Titel „Auf ein Wort vorm Regal: Agentur is‘ nicht scheiße“ hat auch nicht ganz meinen Geschmack getroffen, denn als Grund anzuführen das wir „coole Räume und Möbel“ haben und „die besseren Parties feiern“…das mag so sein in der einen oder anderen Agentur, aber das ist nicht das weswegen man „Werber“ wird.

Aber immerhin, ein positives Signal und mehr als so mancher seiner Kollegen tut. Ich möchte mal so aus meiner Sicht ein wenig über das Berufsbild „Werber“ (Ok, mit Schwerpunkt Beratung) berichten und auch vielleicht mal a weng die Werbetrommel rühren.

Werbung – ein Beruf der nicht jedermanns Sache ist

Ja, es stimmt. Die Entscheidung in die Werbebranche zu gehen sollte, genau wie jede Berufswahl, mal überdach werden. Und diese Aussage von Amir Kassaei „Viele, die nie etwas gerissen hätten, seien irgendwie in der Werbung gelandet“…ist schlicht und ergreifend Bullshit. Jemand der nicht für die Werbung „gemacht“ ist, der hält das keine 6 Monate durch…bzw. wird nach 6 Monaten Probezeit auf die Strasse gesetzt. Ich würde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein sehr schlechten Automechaniker abgeben bzw. als Flugzeug-Ingenieur würde Jedem abraten dieses Flugzeug zu besteigen (es sei denn, Derjenige ist lebensmüde).

Wer in die Werbebranche gehen möchte, der hat an bestimmten Punkten Nachteile gegenüber Kollegen in der freien Wirtschaft. Dinge wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und bezahlte Überstunden…davon hab ich mal gehört. Aber selbst noch nicht gesehen. An dieser Stelle herrscht in der Tat auch Nachholbedarf seitens der Agenturen…und ich geh mal davon aus, dass sich hier auch was ändern wird. Denn die Agenturen die solche Geschichten hochhalten werden sehr sehr interessant für den Bewerber der heutigen Zeit.

Aber das sind die Dinge, die gerne nur gezeigt und (zurecht) angeprangert werden.

Ich möchte mal 5 Gründe geben, warum Werbung dennoch ein spannendes Berufsfeld ist. Einfach um zu zeigen, dass wir eben nicht nur eine Branche sind:

1. Freiraum

Es gibt kaum einen anderen Berufszweig, in dem man so viel „rum spinnen“ kann und auch noch dafür bezahlt wird. Kreativität sollte nicht eingeschränkt werden…weder im Kreativ-Bereich einer Agentur noch in der Beratung. Es geht darum eine Aufgabe (Kampagne) so zu entwickeln das man das Produkt in der besten Art und Weise darstellt. Dazu gehört das man auch mal „rum spinnt“. Nur so kommen Ideen zu Stande, die wir heute auf den Fernsehbildschirmen, am Monitor oder im Print sehen.

Hier ein paar schöne Beispiele aus der TV-Werbung:

„VW – Dark Force“ 2012

(Quelle: Youtube)

Nike – World Cup Commercial 2010

(Quelle: Youtube)

Hornbach 2012

(Quelle: Youtube)

Print-Werbung gibt es auch ein paar zeitlos schöne Beispiele für Kreativität

Louis Vuitton

F.A.Z – Kluge Köpfe

F.A.Z – Kluge Köpfe Kampagne (Quelle: F.A.Z. / Copyright by: F.A.Z.)

Oder hier mal ein paar schöne Beispiele aus der Rubrik Radio (für mich immer noch die schwierigste Kategorie  da man hier nicht mit der Bildsprache arbeiten kann):

Mit Radio erreichen sie immer die Richtigen

(Quelle: Youtube)

11880 – Radiospot

(Quelle: Youtube)

Das waren ein paar Beispiele aus den diversen Kanälen, die entstehen wenn Kreativität in Freiraum entsteht.

2. Abwechslung

Arbeitet man in der Wirtschaft, dann ist man meistens mit einer Sache einem Produkt beschäftigt. Nicht so in der Werbung. Hier muss man nicht den Arbeitgeber wechseln, um Heute an Automotive-Kampagnen mitzuarbeiten und Morgen ist man mitten in der Kampagne für einen Kamerahersteller oder bewirbt Kornflakes. Keine Ahnung. In meiner Karriere hab ich schon für Bier, Computer, Autos, Katzenfutter, Magazine geworben. Abwechselung ist in unserem Bereich immer da…und es wird NIE langweilig. Und dabei ist es egal, ob man Kreativer, Berater oder Stratege ist.

3. Teamwork

Das ist jetzt eher ein subjektiver Punkt, aber ich möchte auch mal von den positiven Seiten berichten. In jeder Agentur in der ich bis dato gearbeitet hab, waren die Leute wie ein großes Team. Klar gab s auch Ausnahmen…aber das Gro der Leute hat sich als Team verstanden, dass auch mal durch die Scheisse (Mörder-Timings…zu viele Projekte) zusammen geht. Vielleicht ist das auch eine Art „Selbstschutz“ wenn´s heftig wird das man als „Herde“ zusammenrückt und sich gegenseitig stützt…aber da ich schon auch ein paar Erfahrungen aus der „Wirtschaft“ habe, muss ich sagen…diesen Zusammenhalt den man in der Branche hat, der ist schon faszinierend und wohl dem, dem es vergönnt ist selbst das mal zu erleben. Ich kann das sagen, wo immer ich auch war…wenn man in die Gruppe aufgenommen wurde und auch gezeigt hat das man was kann, dann hat man die besten Kollegen die man sich vorstellen kann.

4. Technik/Trends/Entwicklungen

Das was Mirko Kamminski in seinem Beitrag vom Regal angesprochen hat, und was Amir Kassaei als nicht vorhanden ansieht. Kaum eine Branche springt so schnell auf neue Technik auf, wie die Werbung. Als Foursquare in Deutschland gerade mal eine Handvoll Leute kannte…hat Suzuki hier flankiert von seiner Agentur schon eine Kampagne gelaunscht. Und wenn ich mir anschaue, was die Kollegen von AKQA schon alles gerissen haben im Bereich „Augmented Reality“…dann frag ich mich echt, auf welche Fakten sich Amir´s Schimpferei bezieht. Es kommt natürlich auch auf einen Kunden an, der bei sowas mitzieht und entsprechende Budgets freigibt…aber wenn man so einen hat…dann stehen einem Goldene Zeiten ins Haus. Wenn man dann auch noch von zuhause aus Interesse an der Materie mitbringt…sich selbst auch immer weiter in die Materie einwühlt…dann stehen einem alle Türen offen, das auch mal umzusetzen. Dabei zur Seite stehen dir immer „die alten Hasen“ von denen man lernen und sich inspirieren lassen kann. Gerade aus meiner Zeit bei Ogilvy weiß ich das, weil das mir soviel geholfen hat. Ich hab mit Leuten wie Peter Raesch der maßgeblich an Projekten wie „Miles and More“ oder der „Douglas Card“ beteiligt war….oder ich hab mir die Lebensweisheiten von Lothar Leonhard verinnerlicht, den ich als einen der Agenturchefs Deutschlands sehe. Das sind Vorbilder zum anfassen. Man musste ihnen nachjagen, um von ihrem Wissen zu profitieren. Vielmehr waren sie immer da und haben ihr Wissen an die nachfolgende Generation Werber weitergegeben und tun das immer noch.

5. Die Branche ansich

In meinem Werdegang hab ich in Verlagen, in der IT, in der Gastro, an der Tankstelle und eben auch in Agenturen gearbeitet, aber nur in Agenturen ist mir bis dato auf gefallen, dass die Branche an sich einen Zusammenhalt hat den ich so bis dato nicht in anderen Branchen gesehen hab. Klar, jede Agentur möchte seine Kunden halten und andere Etats holen…und dann wird gepitched und bis an die Schmerzgrenze und darüber gearbeitet. Aber: Wenn ich mich an die Zusammenkünfte erinnere wo sich die Branche trifft…dann steht man zusammen, unterhält sich…trinkt das eine oder andere Bier zusammen und hat ne gute Zeit. Und dann ist man auch nicht mehr „der Konkurrent“ sondern… „der Christian von MRM“.

Wenn man sich nicht gerade zu dämlich anstellt dann spricht sich der Ruf auch schnell rum und man wird in anderen Agenturen immer gern gesehen und noch lieber am besten dann auch gleich angestellt. Das ist etwas, was auch nicht in jeder Branche selbstverständlich ist.

Fazit

Nein, Amir Kassaei liegt falsch…und zwar richtig und komplett daneben…er schaut von oben aus seinem Elfenbeinturm mit seiner 10.000 Fuß Brille auf die Branche herab und sagt „Ich würde heute niemandem mehr raten in die Werbung zu gehen.“ Ich sage von hier „unten“ auf dem Boden der Realität  Werbung ist uns bleibt ein spannendes Berufsfeld…ihr werdet teilweise fluchen…ja, das werdet ihr. Aber ihr werdet egal ob Kreativer, Berater, Stratege, Entwickler, Reinzeichner, Texter, Lektor oder welchen Beruf auch immer ihr ausüben werdet, einen guten, abwechslungsreichen und spannenden Job vorfinden für den es sich lohnt morgens ins Büro zu gehen. Und nicht jeder muss sich vom Kloputzer zum DDB Worldwide CCO hocharbeiten, um etwas geleistet und ein erfülltes Arbeitsleben zu haben. Das ist mit Sicherheit auch nur der Anspruch der Wenigsten. Es ist bedauerlich wenn ein Amir Kassaei sich als Benchmark aller Werber sieht. Dann hat er echt was nicht verstanden.

Meine 5 Cent.

 

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