Warum das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eine Renaissance des Blogs nach sich ziehen wird

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Seit dem das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in seiner Form live gegangen ist, vergehen kaum Tage an denen nicht irgendwer “Zensur durch Unternehmen” schreit. Es herrscht eine seltsame Art des Konsenses.

  • Die Piraten rufen nach der Abschaffung
  • Die Linken rufen nach der Abschaffung
  • Die Liberalen rufen nach der Abschaffung
  • Die AFD ruft nach der Abschaffung (Wobei ich natürlich schon recht amüsiert die neu gewonnene “Wortgewandtheit” von so manchem AFD-Funktionär zur Kenntnis nehme.)
  • Ich glaub selbst in der Regierung wissen sie nicht so recht, ob dieses Gesetz wirklich in seiner jetzigen Form eine clevere Idee war.

Natürlich ist die auch Presse auch alles andere als begeistert von Minister Masses Gesetz, dass als voreilig und “nicht durchdacht” an den Start gebracht, kommentiert wird.

Also im Grunde: Jeder ist so more or less gegen dieses Gesetz. Es ist in seiner jetzigen Form so auch nicht haltbar, aber bis die ersten Nachbesserungen kommen, wird noch ein wenig Zeit ins Land gehen. So lange die GroKos sich nicht auf die neue Regierung geeinigt haben, passiert da erstmal nix. Bis dahin werden Facebook, Youtube und Twitter ne Menge Posts erstmal wegzensieren.

Aber eine Sache sieht man inzwischen dadurch sehr deutlich: Wie wahnsinnig hoch die Abhängig wir von genau diesen Sozialen Medien geworden sind. Wir fordern unser Recht auf möglichst vielen Menschen unsere Gedanken mitteilen zu dürfen. Ob das jetzt wirklicher Content ist oder einfach extremer (linker wie rechter) geistiger Abfall.

Es mag vielleicht ein wenig absurd klingen, aber dieses Gesetz wird vielleicht ein wenig “Ruhe” in die grossen Sozialen Medien bringen, da vor allem die die vorher gerne laut getönt haben, sich wahrscheinlich jetzt jedes Mal des öfteren mit einem gesperrten Account konfrontiert sehen werden, da die Gegenpartei nur darauf wartet den Melde-Button zu drücken.

Es zeigt aber auch in einem bedenklichen Maße, dass wir uns und unsere Grundwerte von selbst in die Hände von grossen Firmen gegeben haben, und jetzt realisieren wir, dass diese Firmen plötzlich ob gewollt oder nicht Macht über diese Dinge ausüber können. Sprich: Sie können einem den Saft abdrehen, uns einschränken bzw. uns in unserem Drang nach Kommunikation beschneiden. Und das nach eigenem Gusto. Das ist der Preis für die Jahre, die wir alle auf Facebook, Instagram & Co. zugebracht haben. Es ist erschreckend, wie viele vor allem Jüngere gar nicht mehr wissen das das Internet noch so a weng mehr ist als Facebook, Instagram, Amazon und Youtube. Zu angenehm und einfach ist die Welt innerhalb dieser grossen Plattformen, und die Firmen dahinter haben auch jede Anstrengung unternommen bzw. unternehmen diese, damit das auch so bleibt. Aber so einfach und angenehm es ist, so verwundbar macht es uns.

Nur der Blog gehört wirklich mir.

Ich musste mich irgendwie sofort an Sascha Lobos Vortrag auf der re:publica 2012 erinnern, in dem er vor knapp 6 Jahren schon anmerkte, das nur ein selbst gehostetes Blog wirklich Dir gehört. Und es stimmt. Es hat damals gestimmt. Es stimmt heute immer noch. Und es wird in den kommenden Jahren sich noch viel mehr zeigen, dass nur ein selbst gehostetes Blog oder die eigene Webseite eine der letzten Bastionen der eigenen Meinung werden wird. Alles andere im Netz ist sehr leicht angreifbar bzw. manipulierbar. Ein Blog zu zensieren bzw. mundtot zu machen ist zwar auch möglich, jedoch mit erheblich mehr Aufwand, als man in der Regel in den Sozialen Medien an Anstrengungen unternehmen muss. Und das geht in der Regel nur über den juristischen Weg (oder halt den komplett illegalen Weg: sprich: hacken), und der dürfte für 99% der Trolle, Wutbürger oder was auch immer da draussen ein viel zu umständliche Weg sein.

Daher würde es mich nicht verwundern, wenn wir in den kommenden Monaten wieder verstärkt Blog-Artikel auf den Kommunikationsplattformen dieser Welt finden werden. Die Diskussion, das Haten und das Geflame werden dort wie gehabt weiter gehen, aber die Meinung ansich wird sich verlagern. Ausserhalb der Reichweite von diesen Firmen.

Und die Vorteile liegen ja auch auf der Hand:

  • Ich kann mir eine eigene Plattform für Kommunikation schaffen
  • Ich bin die einzige Person auf dieser Plattform die Kommunikation kontrolliert
  • Ich bin die kreative Person dieser Plattform und kann diese mir nach eigenem Ermessen und nach meinen Wünschen gestalten

Vielleicht hilft so dieses unausgereifte Netzdurchsetzungsgesetz, ob gewollt oder ungewollt, Menschen zu sensibilisieren und den Wert der eigenen Meinung neu zu definieren und diesen auch über eine selbst aufgesetzte und verwaltete Plattform zu kommunizieren. Es bleibt spannend.